Die ganze Nacht hindurch bis zum Samtagmorgen waren die freiwilligen Helfer am Riedgrabendamm bei Inheiden im Einsatz

 

In Hungen normalisierte sich die Lage am Samstag weitgehend -»nasse Füsse« gab's trotzdem noch

(Fotos: tr)

Gewaltige Kraftanstrengung: Hochwasser im Griff
Lage am Inheidener See und in der Stadt Hungen entspannte sich am Wochenende - Viel Lob für die zahlreichen Einsatzkräfte

Hungen/Gießen (tr/ik). Die dramatische Hochwasserlage am Inheidener See hat sich weitgehend entspannt: Dank einer mit großer Anstrengung durchgeführten Rettungsaktion in der Nacht zum Samstag wurde der Damm am Riedgraben vor dem Bersten bewahrt. In der Kernstadt Hungen konnte der 200 Meter lange Quickdamm, der den Dammweg schützte, bereits am Samstagmittag von Einsatzkräften der Hungener Feuerwehr wieder abgebaut werden. Stadtbrandinspektor Richard Pleyer erläuterte gestern Mittag gegenüber dieser Zeitung, das Wasser im Riedgraben sei deutlich zurückgegangen, allerdings sei der Wasserspiegel des Inheidener Sees noch weiter gestiegen, so dass die angrenzenden Wochenendhäuser vermutlich noch einige Tage nicht betreten werden könnten.

Am dramatischsten war die Hochwasserlage - wie berichtet - am Freitag am Riedgrabendamm im Wochenendgebiet Inheiden. Der Damm drohte unter dem immensen Druck der Wassermassen zu bersten. Nachdem die erste Gefahr mittels Aufbringen einiger tausend Sandsäcke und Verlegen von Vlies etwas gemindert werden konnte, entschloss sich die Einsatzleitung, einen Quickdamm auf einer Länge von mehr als 600 Metern aufzubauen und dadurch ein Wegbrechen des Dammes zu verhindern. Das erforderte eine gewaltige Logistik: So wurden zur Verstärkung der Kräfte des Technischen Hilfswerkes (THW) aus Grünberg deren Kollegen des THW Gießen sowie das THW Bad Wildungen und Frankenberg alarmiert. Das THW Gießen war bereits seit Donnerstag um 19 Uhr am Bauhof Heuchelheim mit dem Befüllen von tausenden Sandsäcken für den Einsatzbereich Hungen in die Rettungsaktionen eingebunden. Als die Lage gegen Mitternacht immer kritischer wurde, transportierte der Ortsverband Gießen mit Gerätekraftwagen, Tieflader und einem weiteren Mannschaftstransportwagen aus dem Katastrophenschutzlager Wetzlar neun Quickdamm-Module (etwa 200 Meter) nach Hungen und stellte dort zudem eine so genannte Powermoon-Lichtanlage auf. Einsatzende für die 29 THW-Kräfte aus Gießen war am Freitag um 5 Uhr. Gegen 13 Uhr wurden die »Gießener« abermals alarmiert, um fortan im zwölfstündigen Wechsel mit den Kollegen des THW Grünberg unter anderem den Quickdamm zu kontrollieren. Ebenfalls eingesetzt wurden neben den Hungener Feuerwehren, die sich bei di­sem Einsatz abwechselten, auch die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren aus Fernwald und Pohlheim Schon am Freitag um 8 Uhr waren die Feuerwehren der Reiskirchener Ortsteile Hattenrod und Saasen nach Heuchelheim beordert worden, um die Einsatzkräfte der Heuchelheimer Wehr beim Befüllen der Sandsäcke abzulösen. Nach einer anstrengenden Acht-Stunden-Schicht wurden die Reiskirchener Feuerwehrleute von ihren Kollegen aus Biebertal abgelöst.

Die ganze Nacht hindurch rollten Lastwagen durch Inheiden und transportierten nahezu 1000 Tonnen Sand zum See, mit dem vor Ort die Quickdämme gefüllt wurden. Zu diesem Zweck wurden insgesamt sieben Radlader eingesetzt. Das rege nächtliche Treiben am Inheidener See erinnerte zumindest die älteren Inheidener an jene Zeit, als der See noch kein Freizeit-Areal war, sondern dort noch Tagebau betrieben wurde. Die bemerkenswerten Leistungen der Einsatzkräfte -allesamt ehrenamtlich tätig - wurde besonders von den betroffenen See-Anliegern gewürdigt, deren Häuser seit Tagen unter Wasser stehen durch diese Hilfsmaßnahmen wurden die Gebäude vor noch Schlimmerem bewahrt. Stadtbrandinspektor Pleyer, der selbst seit Donnerstagabend fast pausenlos im Einsatz war, lobte ebenfalls die große Einsatzbereitschaft der freiwilligen Helfer.

Bei allem Lob für diese beispiellose Aktion wiesen die Eigentümer der vom See-Hochwasser betroffenen Wochenendhäuser wiederholt darauf hin, dass ihrer Ansicht nach »die Katastrophe in dieser Form hätte vermieden werden können, wenn man von verantwortlicher Seite eher tätig geworden wäre«.

 

Gießener Allgemeine, Januar 2003